Autor: Rechtsanwalt Dr. Raoul Müller LL.M. (EUR), M.B.A.
Raoul ist ein auf Venture-Capital, M&A und allgemeines Gesellschaftsrecht spezialisierter Rechtsanwalt in München.
Autor: Rechtsanwalt Dr. Raoul Müller LL.M. (EUR), M.B.A.
Raoul ist ein auf Venture-Capital, M&A und allgemeines Gesellschaftsrecht spezialisierter Rechtsanwalt in München.
Inhaltsverzeichnis
Wieso ein Vorerwerbsrecht?
Regelmäßig wird für den Fall, dass ein Gesellschafter Geschäftsanteile an der Gesellschaft übertragen möchte den übrigen Gesellschaftern ein Vorerwerbsrecht eingeräumt (es sei denn es liegt ein Fall einer festgeschriebenen Bereichsausnahme, wie z.B. eine Portfolio-Verschiebung vor). Das Vorerwerbsrecht gibt den übrigen Mitgesellschaftern das Recht, die zu veräußernden Geschäftsanteile zu denselben Bedingungen und Konditionen zu erwerben, zu denen der veräußerungswillige Gesellschafter diese an den potentiellen Erwerber abgeben hätte. In der Regel besteht das Vorerwerbsrecht anteilig, d.h. pro rata im Verhältnis der Beteiligung der erwerbsbereiten Mitgesellschafter am Stammkapital der Gesellschaft zueinander.
Üblicherweise wird für jeden Fall, in dem ein Gesellschafter sämtliche oder einen Teil seiner Geschäftsanteile veräußern möchte, die Pflicht des Veräußerungswilligen vereinbart, seine Mitgesellschafter vorab über den intendierten Verkauf zu unterrichten (Veräußerungsbenachrichtigung). Dabei müssen in der Veräußerungsbenachrichtigung sämtliche wesentlichen Eckpunkte der intendierten Veräußerung enthalten sein.
Veräußerungen innerhalb der Mitgesellschafter
Üblicherweise gelten die Regelungen zum Vorerwerbsrecht (wie auch die Regelung zum Drag-Along-Recht und zum Tag-Along-Recht) für jede Veräußerung, d.h. für Veräußerungen innerhalb des Altgesellschafterkreises sowie dem Verkauf an Dritte. Hintergrund ist es die Mitgesellschafter einerseits vor einer Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse (Ausnahmen für wie z.B. Portfoliotransaktionen sind über Bereichsausnahmen möglich) und andererseits vor dem Aufzwängen eines neuen Gesellschafters zu schützen.
Da es der Grundgedanke des Vorerwerbsrechts ist, keinem der Mitgesellschafter, ohne der Möglichkeit zu Gegenrechten, wie einem Vorerwerbsrecht oder einem Mitveräußerungsrecht, einen neuen Gesellschafter aufzuzwingen, ist die Ausweitung des Vorerwerbsrechts auf Veräußerungen an andere Mitgesellschafter nicht zwingend erforderlich. Auch sollen Gründer oder Early-Stage-Investoren nicht die Möglichkeit haben in der Frühphase einen (Teil-)Exit zu machen.
Auch haben beispielsweise Corporate Ventures ein Interesse an einer dauerhaften Beteiligung und nicht selten auch an der Erlangung einer Sperrminorität. Wofür sich die Ausübung von Vorerwerbsrechten bestens eignet.
Die unterschiedlichen Interessen zeigen, dass die Vereinbarung eines weiten Vorerwebsrechts regelmäßig für alle Beteiligen sinnvoll ist.
Verhältnis zwischen Drag-Along-Recht und Tag-Along-Recht
Der Anwendungsbereich des Vorerwerbsrechts darf nicht greifen, wenn ein anderer Gesellschafter sein Drag-Along-Recht ausübt, da andernfalls die Mitverkaufspflichten der übrigen Gesellschafter durch das Vorerwerbsrecht ausgehebelt werden und der den Drag auslösende Gesellschafter nicht zu seinem Exit kommt.
Zwar würde der Verkaufswillige auch bei Ausübung des Vorerwerbsrechts eine identische Gegenleistung für seine zu veräußernden Geschäftsanteile erhalten, allerdings würden potentielle Erwerber im Rahmen einer der Due Diligence auf das Vorerwerbsrecht aufmerksam werden, und regelmäßig die Erwerbsabsichten nicht weiter verfolgen, da sie keine Transaktionssicherheit hätten. Denn es bestünde die Gefahr, dass der Erwerber viel Zeit und Geld in die Transaktion steckt, die am Ende aufgrund eines Vorerwerbsrechts nicht zu Stande kommt.
Zudem gilt es für Geschäftsanteile, die infolge der Ausübung eines Vorerwerbsrechts übertragen werden die Anwendung eines Mitveräußerungsrecht der übrigen Gesellschafter auszuschließen. Nur wenn kein Erwerb sämtlicher zu veräußernden Geschäftsanteile im Rahmen des Vorerwerbsrechts erfolgt, greifen die ausgeübten Mitveräußerungsrechte. Daher macht es regelmäßig für Mitgesellschafter Sinn in erster Linie ein Vorerwerbsrecht auszuüben aber gleichzeitig für den Fall, dass das Vorerwerbsrecht nicht zum Tragen kommt, ein Mitveräußerungsrecht.
Gestuftes Vorerwerbsrecht
Üblicherweise wird das Vorerwerbsrecht drei-stufig ausgestaltet.
Auf der ersten Stufe haben alle Gesellschafter das Recht ihre Vorerwerbsrechte auszuüben. Üben Gesellschafter ihr Vorerwerbsrecht nicht innerhalb der Ausübungsfrist aus, werden auf der zweiten Stufe ihre Vorerwerbsrechte den das Vorerwerbsrechte auf der ersten Stufe ausübenden Gesellschaftern pro rata dem Verhältnis ihrer Beteiligung am Stammkapital untereinander zugewiesen. Die das Vorerwerbsrechte auf der ersten Stufe ausübenden Gesellschafter können dann in der zweiten Stufe die auf sie entfallenden weiteren Vorerwerbsrechte innerhalb eines gewissen Zeitraums geltend machen. Sollten auch in der zweiten Stufe nicht sämtliche Vorerwerbsrechte vollständig ausgeübt werden, obliegt es auf der dritten Stufe regelmäßig der Gesellschaft binnen eines gewissen Zeitraums zu entscheiden, die verbliebenen Geschäftsanteile selbst, als eigene Geschäftsanteile zu erwerben, oder die verbliebenen Geschäftsanteile an einen von ihr benannten Dritten zu verkaufen.
Üblicherweise wird vereinbart, dass die Vorerwebsrechte letztendlich nur ausgeübt werden können, wenn innheralb dieses dreistufigen Prozesses sämtliche Geschäftsanteile, die der veräußerungswillige Gesellschafter veräußern will, von den Mitgesellschaftern, von der Gesellschaft oder von einem Dritten gekauft werden, andernfalls ist der veräußerungswillige Gesellschafter frei, alle seine Geschäftsanteile frei zu veräußern. Entweder werden Mitgesellschafter verpflichtet, ihre Zustimmung hierzu zu erteilen oder erteilen diese bereits – antizipiert – mit Abschluss der Gesellschaftervereinbarung für die Zukunft. Dies hindert die übrigen Gesellschafter jedoch nicht hinsichtlich dieser Veräußerung ihre Mitveräußerungsrechte auszuüben.
Erfassung von verkaufsähnlichen Vorgängen
Das Vorerwerbsrecht findet üblicherweise auch Anwendung im Falle eines Tauschs oder einer Schenkung, wobei in diesen Fällen für die Bestimmung des Kaufpreises für das Vorerwerbsrecht auf den Verkehrswert der Geschäftsanteile bzw. des Tauschgegenstands abzustellen ist. Sollte es zu Streitigkeiten über die Bestimmung des Verkehrswertes kommen wird üblicherweise ein Schiedsgutachterverfahren vorgesehen. Der Schiedsgutachter stellt den Verkehrswert der zu tauschenden oder zu verschenkenden Geschäftsanteile verbindlich für alle Parteien fest.
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